Kleine Bourbaki-Geschichten

Just hätte man sie übersehen. Sie fallen nicht auf inmitten des facettenreichen Spektakels des immensen Rundbildes. Viel eher finden sie sich versteckt und stumm im Hintergrund. Miterlebt haben sie die eindrucksvolle Ankunft der 87 000 arg entkräfteten Soldaten allerdings genauso wie ihre Eltern und Grosseltern. Höchste Zeit also den Kindern rund um das Bourbaki Panorama Auge und Ohr zu leihen. 

Mit 7 Jahren erlebt Adèle Amstutz aus Les Verrières die Internierung mit. 1960, 97-jährig, berichtet sie einer Neuenburger Zeitung von dem prägenden Ereignis, das sie zeitlebens begleitet – von der gefühlten Hilflosigkeit angesichts von Zustand und Masse der Soldaten genauso wie vom unverzüglichen Entschluss zur Hilfeleistung. Als Erinnerungsstück bewahrte sie eine Wolldecke mit der Aufschrift «Harnachement» (Ausrüstung).
Im Luzernischen Escholzmatt erlebt der damals 11-jährige Andreas Vogel den Durchmarsch der Soldaten. Den erlebten Schrecken hält er später in seinem Tagebuch fest: «Resli war auf einen Baum geklettert und sah Soldaten mager wie der Tod, einige sogar mit halbnackten, blossen Füssen, hervorgestreckten Zehen und all mit zerlumpten Uniformen

Auf der Leinwand fällt ein Knabe prominent ins Bild – im Gegensatz zu seinen meist nur im Hintergrund angedeuteten Altersgenossen. Er fügt sich harmonisch in die Szenerie der einziehenden Soldaten ein, unprätentiös sein Auftreten. Mit blossen Händen führt er einen Schimmel an. Sein Blick richtet sich konzentriert auf das Pferd. Was denkt er wohl? Spricht er ihm gar zu?

In seiner klaren Kontur ist der Junge mit dem Pferd einzigartig auf dem Rundbild. Man ist geneigt, ihn mit Symbolcharakter zu belegen: Sollte er als Kind das Alte mit dem Neuen verbinden, die Vergangenheit mit der Zukunft – das Gestern mit dem Heute und dem Morgen? Sicher ist: Wer ihn einmal gesichtet hat, wird ihn nicht mehr so leicht übersehen.

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