Pferdeleid und Zukunftsglaube
Mensch und Pferd bilden um 1871 eine «Schicksalsgemeinschaft»: Das Huftier ist für den Alltag unentbehrlich und im Krieg substanziell. Der Zustand der an sich leistungsstarken Lastenträger bei der Internierung der Bourbaki-Armee war allerdings mindestens so prekär wie jener der Soldaten. Im riesigen Rundbild nimmt ihre erbärmliche Erscheinung eine wichtige Stellung ein und transportiert mitunter eine zentrale Aussage.
Ausgelaugt
Mit den 87'000 Soldaten übertreten im Winter 1871 auch 12'000 Pferde die Grenze zur Schweiz. Ihre Erscheinung ist deutlich gezeichnet von wochenlanger Unterversorgung in winterlicher Kälte – mager und erschöpft stehen und liegen sie herum. Einigen fehlen gar Mähne und Schwanzhaare. Sie wurden von Leidensgenossen angeknabbert, schmerzt dem «Dauerfresser» Pferd nach drei Stunden ohne Nahrung doch bereits der Magen. Auch hölzerne Zäune und Wagendeichsel halfen dabei, den Hunger zu täuschen.
Ausgelagert und auserkoren
Mit der Versorgung der vielen bedürftigen Soldaten bereits an die Kapazitätsgrenze gelangt, ordnet der Bundesrat öffentliche Versteigerungen an. Die französische Regierung interveniert, handelt es sich bei den Pferden doch um staatseigenes «Armeematerial». In der französischen Presse war vorweg ein heftiger Protest gegen das Schweizerische Vorgehen entbrannt. Nach dem Zugeständnis Frankreichs, für die Unterhaltskosten aufzukommen, werden die Versteigerungen kurzerhand eingestellt. Die Einnahmen von 1'150'200 Franken werden bei der Gesamtrechnung für die Internierung an den Staat Frankreich abgezogen. Tatsächlich entflammte rund um die Bourbaki-Pferde auch die Gier: In der Hoffnung auf ein «Schnäppchen» finden Pferdehändler den Weg nach Les Verrières. Sie erwerben zu Spottpreisen noch wohlerhaltene Pferde von Soldaten. Bald allerdings ermahnt General Herzog per Annonce zur pflichtbewussten Rückgabe des unrechtmässig ergatterten fremden Eigentums.
Ausgeklügelt
Nicht nur mengenmässig, auch hinsichtlich ihrer Bedeutung nehmen die maroden Pferde im Kunstwerk Bourbaki Panorama eine wichtige Funktion ein: Ihr Leiden rührt die Betrachtenden. Es steht stellvertretend für die Bitterkeit des Krieges. Diese explizite Veranschaulichung des sinnlosen Kriegselends entspricht der Botschaft des Rundbildes selbst: Das Veto gegen den Krieg ist zugleich ein Bekenntnis zum Glauben an die friedensfördernde Zivilisiertheit des jungen Bundesstaats.