Blog

Rätselhafte Ziffern

Auf der Fassade des Bourbaki Panoramas finden sich mehrere Schriftzüge. In verschiedenen Sprachen weisen sie auf das enthaltene «Sehwunder» hin. Aufgemalt von Hand sind sie wunderschönes Exempel aus einer Zeit der analogen Werbebeschriftung. Obendrein ist das historische Schriftstück auch rätselhaft verwirrend.

Sprachdifferenzen
Tamboure sind gemeinhin als Trommeln bekannt. Im Bourbaki Panorama bezeichnet der Begriff allerdings ein architektonisches Baustück, konkret: den zylinderförmigen Unterbau der Kuppel der 1889 erbauten Panoramarotunde. Seine erhöhte Lage macht ihn zum optimalen Werbeträger. Sodann zeigt der Tambour des Europäischen Kulturdenkmals auch fein gestaltete Inschriften – auf Deutsch, Französisch und Englisch bewerben sie die immense Attraktion. Je nach Sprach scheint das enthaltene Spektakel allerdings von anderer Gestalt: Während die deutsch- und französischsprachigen Besuchenden ein Bild von 2000 Quadratmetern erwartet, müssen die englischsprachen Gäste mit 6600 «square feets» Vorliebe nehmen, mit also lediglich 615 Quadratmetern.

Flüchtig
Vermutlich handelt es sich bei der Grössendifferenz um einen flüchtigen Umrechnungsfehler. Das Panoramagebäude wurde nämlich in Windeseile aus «Restmaterial» errichtet, sollte es doch baldmöglichst in Betrieb gehen. Eine langzeitige Nutzung war nicht vorgesehen. Auf die eher mässige Vertrautheit mit der englischsprachigen Kultur dürfte auch der Rechtschreibfehler des «feets»-Plurals hinweisen. Und auch in Sachen Bemessung nahm man es nicht ganz korrekt: Die Gesamtfläche des Riesenrundbilds war nie grösser als 1500 Quadratmeter. Oder andersrum: Übertreibung war offenbar bereits zur Jahrhundertwende ein vielversprechender Werbetrick.

Nuanciert
Mehr Wert als auf den Inhalt der Botschaft legte man augenscheinlich auf die Ausgestaltung der Inschrift. Erst 1907, nach achtjährigem Bestehen des Panoramas, werden die Lettern und Ziffern – nach zeitgemässem Habitus in Handarbeit – aufgemalt. Restauratorischen Erkundungen zufolge erschien der ursprünglich in Grau und Beige gefasste Bau von 1889 noch ohne Beschriftung. Dass es sich bei der Schriftenmalerei zu dieser Zeit um ein künstlerisches Metier handelte, bezeugt die mitgemalte Signatur des Gestalters E. Berger. 1927 erfolgt eine Erneuerung: Während der Tambour rosarot und olivgrün eingefärbt wird, bleiben die Inschriften in im Vergleich zu 1907 leicht veränderten Farbnuancen erhalten. Die in Schwarz und Rot gehaltene Schrift ist teilweise mit roter und gelber Farbe abschattiert. Bei der grossen Totalsanierung von Gebäude und Panoramabild von 1996 bis 2003 werden die Inschriften unter Respektierung der Gestalt von 1927 erneut restauriert. Bis heute liegt diese Fassung vor.

Panorama-Fassade mit frisch restaurierter Schrift, um 1927.
Panorama-Fassade mit frisch restaurierter Schrift, um 1927.
Panorama-Rotunde mit Tambour, kurz nach der Erstbeschriftung im Jahr 1907.
Panorama-Rotunde mit Tambour, kurz nach der Erstbeschriftung im Jahr 1907.
Die englische Inschrift gemäss Restaurierung im Jahr 1927. Mit Unterschrift des Schriftgestalters E. Berger. Das Foto stammt von 1976.
Die englische Inschrift gemäss Restaurierung im Jahr 1927. Mit Unterschrift des Schriftgestalters E. Berger. Das Foto stammt von 1976.
Als Garage umgenutztes Panorama-Gebäude, um 1980.
Als Garage umgenutztes Panorama-Gebäude, um 1980.
Ansicht des Tambours vom Dach, fotografiert im Juli 2022.
Ansicht des Tambours vom Dach, fotografiert im Juli 2022.
Detail des Wortes «Panorama» auf dem Tambour: Zeitgenössische Ansicht des Buchstabens O in schwarzer Farbe mit roter und gelber Farbschattierung, Juli 2022.
Detail des Wortes «Panorama» auf dem Tambour: Zeitgenössische Ansicht des Buchstabens O in schwarzer Farbe mit roter und gelber Farbschattierung, Juli 2022.
Zurück zur Übersicht